Landgericht Darmstadt Geschäftsnummer 542 Js 24.817/09 11 Ks In der Strafsache IM NAMEN DES VOLKES URTEIL gegen den Industriekau fmann Andreas D a r s o w , geb. am 08.09.1969 in Aschaffenburg, zul. wohnhaft Friedric h-Ebert-Str. 36 a, 64832 Babenhausen, z. Zt. Justizvollzugsanstalt Weiterstadt , verheiratet, deutsch er Staatsangehöriger wegen Mordes pp. hat die 11. Große Strafkammer - Schwurgerichtskammer - des Landgerichts Darmstad t in der Hauptverhandlung vom 22 .02., 23.02. , 25.02., 02.03., 11.03., 16.03. , 18.03., 23.03., 25.03., 01.04. , 11.04 ., 27.04. , 11.05 ., 18.05. , 01.06., 16.06., 29,06 ., 13.07. und 19.07.2011, an der teilgenommen haben: als Vorsitzender: Vorsitzender Richter am Landgericht - als beisitzende Richter: Richter am Landgericht Dr. - Richter - als Schöffen: Betriebswirt Bankkaufmann als Beamte der Staatsanwalt sc haft : Staatsanwä ltin Staatsanwalt als Neb enkläger -Vertreterinnen : Rechtsa nwälti n Dr. We iterstadt Rechtsanwält in Weiterstadt - 1 a - als Verteidiger: Rechtsanwalt Rechtsanwalt Rechtsanwalt Frankfurt Frankfurt Potsdam als Urkundsbeamtinn en der Geschäftsstelle: Justizangestellte Justizangestellte Justizangestellte am 19. Juli 2011 für Recht erkannt: Der Angeklagte wird. wegen Mordes in zwei Fällen sowie wegen versuchtenMordes zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die besondere Schwere der Schuld des Angeklagten wird festgestellt. Der Angeklagte hat die Kosten des Verfah rens einschließl ich der notwendigen Auslagen der Nebenklägerin zu tragen. Angewendete Vorschriften: §§ 211, 22, 23, 53, 54, 57 a Abs . 1 Nr. 2 StGB. GründeI. : Der Angeklagte ist am 08.09.1969 in Aschaffenburg geboren. Sein Vater ve rstarb vor fünf Jahren, seine Mutter ist derzei t 69 Jahre alt. Seine Schu lzeit begann er in Schaafheirn in der · Grund schule , von wo er über die Förd erschule auf das Gymnasium nach Groß -Umstadt wechselte und seinen Realschulabschluss machte. Da er nicht stud ieren wollte, legte er das Abitur nicht ab und begann stattdessen eine Lehre als Industriekaufmann, die er erfolgreich abschloss. Nach Abschluss der Lehre absolvierte er in der Zeit vom 01.04.1990 bis 31.03.1991 den Grundwehrdienst bei der Bundeswehr, wobei Standorte Koblenz für die Grundausbildung und Dannstadt-Eberstadt für die Stammeinheit waren. Er ist mit ·Anja Darsow verheiratet und bat mit ürr drei Kinder im Alter von elf und acht Jahren sowie zehn Monaten. Nac h seiner Bundeswehrzeit fing er an, bei der Firma Aumann GmbH als Einkäufer zu arbeiten , was er bis zuletzt tat, wobei er 2600 € netto verdiente. Zusätzlich hatte er einen 400 € Job bei dem Tochterunternehmen der Aumann GmbH, der Firma Febro. Seine Frau wiederum arbeitete als Teilzeitkraft im Hotel „Ziegelruh" in Babenhausen und verdiente dort 600 € monatlich. Zudem hatte sie offiziell einen weiteren 400 € -Job bei der Fim1a Febro, der aber nach interner Vereinbarung durch den Angeklagten „abgearbeitet" wurde. Der Angeklagte war bislang in seinem Leben zu keinem Zeitpunkt körperlich oder psychisch schwer erkrankt. Zudem erlitt er auch keinen schweren Unfall oder ähnliches , so dass er geistig und körperlich als von j e her gesund anzusehen ist. Darüber hinaus ist der Angeklagte bislang strafrecht lich nicht in Erscheinung getreten . II. Der Angek lagte und der Geschädigte Klaus Toll kamen erstma ls 1995 in Kontakt als der Angek lagte eine Eigentumswohnung k aufte , da diese von K laus Toll , der seit den achtziger Jalu·en als hnmobilienmakler arbeitete, verrnakelt wurde . Im Jahre 1999 kam es zu einem we ite ren Kontakt , als der Angeklagte Interesse an dem viergeschossigen Kaufobjekt in der Friedrich-Ebert-Straße Nr. 36a zeigte, das Klaus Toll ebenfalls vermakelte . Aufgrund dessen kam es zu Gesprächsterminen im Hause des Klaus Toll , der selbs t in dem unmittelbar link s daneben angrenzenden Reihenhau s in der Straße mit 2 der Nummer 36, zusam men mit semer Familie lebte und dort im Souterrainbereich selbständig ein Maklerbüro betrieb. Da das Kaufobjekt dem Angeklagten und seiner Frau gefiel, wurde dieses im Jahr e 1999 erworben, so dass der Angek lagte und seine Familie dort im selben Jahr einzogen . Der Angeklagte und seine Familie waren seither unmittelbare Nachba rn der Familie Toll und wohnten quasi „ Wand an Wand". Bei den vier Reihenhäusern Friedrich-Ebert-Straße 36 bis Friedrich-Ebert -Straße 36c handelte es sich jeweils um viergescbossige Bauten mit jeweils einem Souterrain , einem Erdgeschoss sowie einem 1. und 2. Obergeschoss. Von ihrem Schnitt und ihrer räumlichen Aufteilung waren sie identisch. Alle Stockwerke verband nur die eine Treppe. Das vom Geschädigten Klaus Toll und seiner Familie bewohnte Objekt war das abschließ ende Reihenendhau s, das des Angeklagten, Friedrich-Ebert-Straße 36a, grenzte rechts an. Wiederum rechts neben der Familie Darsow lebte die Familie Zappe und zuletzt die Familie Becker , die ebenfalls Eigentümer eines dieser Reihenhäuser \.Varen. Das gesamte Grundstück , auf dem der Häuserkomplex stand, war durch eine Hecke eingefriedet. Der eigentl iche Eingang sbereich zu diesem Grundstück und den jeweiligen Reihenhäusern lag rechts versetzt neben dem Anwesen der Familie Becker. Von dort gelangte man auf einen (von der Friedrich-Ebert-Straße aus gesehen) im rückw ärtigen Teil des Grundstück parallel zu den Reihenhäusern gelegenen Weg, der zu den j eweiligen Haustüren führte, deren Eingang sbereiche von der Straße (mithin) nicht eingesehen werden konnten. Dieser Weg führte vom Haus der Familie Becker bis zum Ende des Grundstücks zu dem den Komplex abschließ enden Anwesen der Fami lie Toll. Allerdings verfügte das Reihenendhau s der Familie Toll zusätzlich über eine Eingangstür zum Souterrainbere ich. Der (separate) Eingang zum Souterrain war also um das Hau s herum gelegen, der Zugang über eine wenige Stufen hinunterführend e Treppe konnte jedoch auch unmittelbar durch em kleines Gartentor von der Friedr ich-Ebert-Straße aus en-eicht werden. An dieser Ecke des Endhauses der Fam ilie Toll war eine Anlage installiert, die mit einem Bewegungsmelder versehen bei Dunkelheit den ges amten Eingangsbereich zum Soute 1nin ausleuchten sollte. Die dort lebende Famili e Toll wied erum bestand aus den Eheleuten Klaus und Petra Toll sowie dem gemeinsamen Kind Astrid Toll. Sie waren b ereits im Jalu·e 1999 als eine der ersten Famili en in den Gebäudekomp lex eingezogen, allerdings zunächst noch zur Miete. Ebenfalls von Anfang an betrieb Klau s Toll sein Gewerbe von einem im Souterrain gelegenen Büro aus. Der geschäftliche 'vVirkungsk:reis des Klaus Toll im Rahm en serner Mak lertätigkeit b eschränkte sich im We sentlichen auf die Umgebun g von Babenhausen und Dieburg. Klaus 3 Toll hatte drei Geschwister namens Peter, Barbara und Rüdiger Toll. Seine Frau Petra Toll, geb. Stein, war in den letzten Jahren Hausfrau , nachdem sie noch als Sekretärin für ihren Mann gearbeitet hatte, bevor sie ilu·e beruflichen Tätigkeiten endgültig einstellte. Ihre am 31.12.1971 in Offenbach geborene Tochter Astrid Toll, leidet seit ihrer Geburt an einer geistigen Behinderung, einer Form von Autismus, der bereits in frühen Jahren im Kindergarten festgestellt wurde. Sie lebte bei ihren Eltern im zweiten Obergeschoss bzw . Dachge schoss und verfügte dort über ihren eigenen Lebe nsbereich , der aus einem Bad, einem Wohnzimmer und einem Schlafzimmer bestand. Trotz ihr er Behinderung konnte sie einfache Tätigkeiten beim Verein für Behindertenhilfe in Di eburg und Umgebung e.V. versehen. Die se Tätigkeiten waren nicht Beruf sondern Ergotherapie. Jeden Morgen gegen 07 .25 Uhr wurde Astrid Toll dafür durch den Fahrdienst der Behindertenlülfe .von zuhause abgeholt, zuletzt durch den Mitarbeiter Helene. Gegen 16.20 Uhr und Freitags gegen 13.15 Ulu· war Astrid Toll regelmäßi g wieder zuhause. Die Familie Toll führte ein äußerst zurückgezogenes Leben, dass sich darin manifestierte , dass es kaum Kontakte zu Nachbarn gab, auch zu den Mitglieder der eigenen Familie nicht. Seit geraumer Zeit blieben Klaus und Petra Toll mit förer zwjschenzeitlich erwachsenen Tochter den Feierlichkeiten ihrer Verwandten fern. Hintergrund dessen war auch , dass wegen der Behinderung der Tochter auch deren Mutter Petra Toll unter erheblichen psychischen Problemen litt. Nicht nur ihr fortschreitendes Alter zollt e seinen Tribut, sondern maßgeblich das familiäre Umfeld im alltäglichen Umgang mit eiern alleinigen und „über Alles geliebten" ·, aber behinderien und zwischenzeitlich erwachsenen Kind hatte Petra Toll über all die Jahr e zermürbt, im Einge ständ ni s dessen hatte sie nicht nur j ede Kraft und jeden Willen verloren, hinzu kamen psychische Beschwerden und Depressionen. Seit Jahren hatte sie das Haus nicht mehr verlassen. Es gab Anwohner in der weiteren Nachbarschaft, denen nicht bek annt war , dass Petra Toll üb erhaupt gemeinsam mit Klaus Toll und der Tochter Astrid im Haus wohnte. Andere unmi ttelbare Nachbarn saJ1en sie wenn überhaupt nur am Fenst er stehen , während sie raucht e. Die Familie Toll schattete sich insges amt regelrecht von ihrem Umfeld ab, was sich auch darin ausdrückte , das s die Rol1läden des Hau ses ständi g, d.h. auch tag süber, gesch lossen waren. Andererseits und bei aller Zurü ckgezoge nheit war der Allt ag der Famili e Tol1 von auffälligen Verhalt enswe isen geprägt. Es gab nicht nur eigentümlic he „Amvandhm gen" des zunehmend kauz igen und eigenbrödl erisch veran lagten Klaus Toll. Insbeso nd ere aber waren es Petra und 4 Astrid Toll , die mit ihren psychischen Problemen nicht nur das innerfamiliäre Zusammenleben „sondern immer wieder und immer häufi ger auch die unmitt elbaren Nachbarn beschäftigt en" . Nicht nur den unmitte lbaren N achbarn auf dem nächs t angrenzend en Grundstü ck, den Eheleuten Müller , blieben diese Besonderheiten ·der Familie · Toll verborgen. Einige Auffälligkeit en im Verhalt en der Familie Toll ließen die Nachbarn noch schmunzeln und miteinander darüber reden, während and ere Verhaltensweisen der Fam ilie Toll die Nachbarn, u.a. die Zeugen Müll er, ,,anfan gs nur ärgerten." Zuletzt litten die Nachbarn regelrecht unter diesen den Lebens stil der Famili e Toll prägend en Besonderheiten und Auffälligkeiten in ihrem Verhalten . Na mentlich der Angeklagte, der mit seiner Familie „ Wand an Wand zu bzw. mit den Tolls" in diesem hellhöri gen Reihenlmus wohnte, musste von Anfang an deren Lebensgewohnheit en und deren Eigenheiten teilhaben. Der Angeklagte kannte diese aus seinen langjährig en alltäglichen Wa hrnehmungen und seinen mit Klaus Toll gemachten Erfahrun gen . Dabei konnt e auch der Angeklagte allenfa1ls schmunzeln oder nur mit Verwunderung zur Kenntnis nelm1en, dass die Familie Toll die eigentliche Haustür über all die Jahre grundsätzlich nicht benut zte, sondern das Hau s ausschließlich über die Souterraintür betraten. Innen vor der eigentlichen Haustür stand eine Blumenv ase, zul etzt bereits von Spinnweben verhangen. Seit dem Einzug war die Küche von· keinem Mitglied der Familie Toll benutzt worden, die Küchenschränke waren noch mit Schutzfolie bezogen. Das Essen bezog die Familie Toll fast ausschließlich von der Pizzeria „Maria" in Babe nl1ausen, die nahezu täglich lieferte. Petra Toll be stellt e tel efonisch das Essen, teilweise nahm sie es auch entgegen. Zuletzt erschien sie jed och imm er seltener am Gartentor, so dass üb envi egend Klaus Toll die Lieferung entgegennalm1 und bezahlte. Des Weiteren war das Verhalten der Familie von einem regelrechten Ordnung szwang geprägt , der aufgrund der Erkrankung der Tochter, die den Haushalt führte, zu Tage trat und dem sich die Geschädigten Klaus und Petra Toll als Eltern fügten . Dieser spie gelte sich darin wieder, dass sämtli che Kleider auf den Millim eter genau in den Schränken aufeinand er gestape lt wurden und akribi sch genau darauf geachtet wurde. Jedwede sonstigen Gegenstände, die sich in den Schränken auf den Tischen oder in den Schubl aden befand en, waren höchst ald.'Urat und völlig gleichmäßig aufgestellt. So waren unter anderem die Sprühdosen der zahlreich vorhand enen Put zmittel alle exakt im gleichen Winkel aufgeste llt und alle \Vasserhähne genau in der Mitte auf einen 90 Grad-Winkel geschlossen, als wäre die Stellung „abgemessen" worden. Gleiches war bei Gegenständen, bei denen es sich überw iegend um Plastikenten handelte , der Fall, die im gesamten Bereich derart 5 auf dem rechten Bereich der Treppenstufen abgestellt waren, dass nur relativ wenig Platz zum Hoch- und Herunt erlaufen auf der Treppe verblieb. Hint er diesem Ordnung szwang stand Astrid Toll, die trotz ihrer Behinderung den Hau shalt führte , was die Eltern auch zuließen und sich entsprechend ihres Ordnun gse mpfinden s verhi elten. Doch nicht nur innerhalb des Hauses gab es auffällige Verhaltenswe isen, di e einem strengen und daher vorausse hbarem Muster folgten . So ging Klaus Toll immer Freitags um 08:00 Ulu· morgens zum nahe gelegenen EDEKA - Markt und war dort jeweil s imm er der erste Kunde. D01t war auffallend , dass er die ausgesuchten Waren in einer ganz bestimmten Reih enfolge nach ihr er Ware nart sortiert auf das Ka ssenband legt e und auch wieder so in den Einkaufswagen nach der Bezahlung zurück.räumte. Auch stand Klaus Toll regelmäßig in den frühen Mor genstunden auf und verrichtete dort zwischen 04.00 Ulu· und 05.00 Uhr Hausarbeiten , ind em er das Haus säuberte und den Müll herau sbrachte bzw . sortierte als auch die Mülltonne herausst ellte. Danach verließ er zu dieser frühmorgendlichen Zeit regelmäßig das Haus, um anschließend zu walk en oder zu joggen. Dabei scha ltete er immer das an der Ecke sein es Haus befindliche Außenlicht an, so dass dieses brannte, wenn er auß erhalb des H auses tätig bzw . unt erwegs war. Klaus Toll war dennoch immer nach außen bemüht ,·im Rahmen seiner Maklert ätigkeit das Bild eines erfolgr eichen und seriösen Geschäftsmannes darzustellen und darüber hin aus ein fürsorglicher Famili envater zu sein. Dies spiegelte sich unt er anderem darin wi eder, dass er seine Tochter Astrid in Gegenwart von Nachbarn und seiner Familie als sein „Ein und Alles" bezeichnete und immer bekundete , dass sie finanzi ell vor gesorgt sei. Auch gege nüber. Menschen, mit denen er keinen längerfrist igen Kontakt hatte, verhielt er sieb freundl ich und zuvorkommend , indem er beispielsweise rege lmäßig „Smalltalk" mit den Fahrern seiner Tochter hielt und zu die sen sehr freundli ch war. Das Leben der Famili e Toll war aber nicht nur von diesen „harmlo sen" Lebens gewo lmheiten sondern auch von solchen Ve rhaltenswe isen geprägt, die Ausdru ck ihrer persönlichen Probl eme waren und (nicht nur) da s Familienleben erheblich belast eten. Seine famili äre Situation, insbeso ndere die Behind erun g seiner Toc h ter und die (auch dadur ch ausgelö sten) psychischen Probl eme se iner Frau, b elastete n Klaus Toll , so dass es dazu kam , dass er phasem.veise bis zu den Jahren 2006 bis 2007 exzess iv A lkohol konsumie1ie. In die ser Zeit besuchte er unter and erem auch öfters die Kn eipe „Cheers", w elches sich in der Nä he des vo n ihm bewohnten Haus es befand. In diesen Pha sen verwah rloste er und torkelte nacht s 6 regelmäßig volltrunken läm1end und grölend die Straße entlang, was auch die Nachbarn mitbekamen. Zuletzt sch ien Klaus Toll sein Alkoh olprobl em wieder in den Griff bekomm en zu hab en, j edenfall s war er solch erm aßen trunke n lange nicht mehr in der N achbars chaft aufgefallen gewes en. Bei den bereit s seit Jahren abgebauten sonstigen sozialen Kontak ten be schrän kte sich auch der Kontakt auf di e wenigen Telefonate mit den Geschwistern des Klaus Toll. Bei Meinungsverschi edenheit en mit Nachbarn - und diese waren n icht wenig - trat Klaus Toll üb erzoge n aggressiv auf. Für klärende Gespräche zeigte er sich nicht zu gänglich , sondern verweigerte vielmehr jegliches Entgegenkommen. Teilweise gipfelte dies im Erteilen vo n Hausverboten: ,,Verlassen Sie m ein Grund st ück!" Dies war die andere Seite des dann egozentri schen und sich mit zunehmendem Alter zunelm1end uneinsichti g erweisenden Klaus Toll , der sich durch nichts und von niemandem in sein Pri vatleben hinein regieren las sen wollte. Diese Eigenheit von Klaus Toll war stete r Anlass für Streitigkeiten und Problem en mit den unmitt elbaren Nac hb arn. Di ese Auseinand ersetz ungen gab es b eispi elsweise wegen des Schneiden s der Hecke . Klaus Toll wollte einerseits das Betreten seines Grundstücks nicht duld en, andererseits aber au ch den Überwuchs durch Äste etc. nicht hinn ehmen. Zudem gab es immer ·wieder Probleme , wenn Bälle der spiele nden Kinder in den Gartenbereich auf das Grundstück der Famili e Toll flogen . Klaus Toll fühlt e sich b elästigt und wollte die Bälle nicht herau sgeben. In den letzten Jahren kame n zu den inne rfami liär en Problemen zusätzlich mehr und mehr finan zielle Probleme, da die Geschäfte als Makler seit den letzten Jalu-en nicht m ehr ,gut liefen. Die Umsätze gingen mehr und mehr zmiick. Hint ergrund des sen war auch, dass Klaus Toll zu Beginn seiner Tätigkeit in den achtz ige r Jalu·en noch der einz ige Makler in sein em Wohn- und Wirkungskreis gewesen war, dann jed och dur ch die Mak lerbüro s Dietz und Willand Konkurrenz entsta nd. So kam es dazu , dass die Umsätze ab dem Jahre 2008 re gelrecht einbrachen und der Geschädigte Klaus Toll im Jahre 2009 b is Ende Ap1il sogar nur einen einzigen Abschlu ss zu ve rzeichnen hatte, so dass lediglich ca . 3.000 € an Einnahmen im Jahre 2009 bestanden. Zudem spie lte Kla us Toll über einen Zeitra um von fast 10 Jahren tro tz der n egativen finanziellen Veränderung en für ca. 2.000,00 € im Monat Lot to, ohne j edoch jemals einen größeren Gew inn erzielt zu haben . Aufgrund dessen reicht en die Einnahm en aus der Verm akelung von Imm obilien seit längerer Zeit b ei weite m nicht mehr aus, den Lebens unterhalt der Familie zu beslTeiten, so dass imm er we iter auf finanzielle Reserven 7 zurückgegiiffen werden musste. Diese bestanden ganz überwiegend aus den Einnahmen aus dem Verkauf eines Hau ses, das die Geschädigte Astrid Toll zu Lebzeiten ihrer Großmutt er von dieser überschrieben bekommen hatte und welches damals zu einem Preis von ca. 300.000 DM verkauft wurde. Von diesem Verkaufserlö s war aufgrund der ansonsten nicht ausreichenden Einnahmen jedoch nicht mehr viel vorhanden , so dass noch 30.000 € in einem Bankschließfach bei der Sparkasse Babenhausen verwahrt wurden. Es gab dort und auch be i der Deutschen Bank Konten, die aber daneben keine nennenswerten Guthaben auswiesen. Daneben gab es keine Lebensversicherung en oder andere Absicherungen; insbesondere auch nicht für die behindert e Tochter Astrid Toll. Aufgrund der seit mehreren Jahren bestehenden finanziellen Situation verzichtete die Familie schon seit lan ger Zeit auf einen gemeinsamen Urlaub. Dies war eine allenfalls zu vernachlässigende Ursache und zugleich auch Ausdruck dessen, dass sich die Eheleute Klaus und Petra Toll bei der Vielfalt der ihren Alltag prägenden Probleme sich im Laufe der Jahre immer mehr auseinander gelebt hatten. Zuletzt lebten und schliefen sie in getrennten Bereichen des Hauses. Aufgrund dieser persönlichen und wirtschaftlichen Situation war es nicht nur dazu gekommen, dass die Familie Toll ein völlig isoliertes Leben führte , das durch Entbehrungen, Überforderung, finanzi elle Ängste und Anspannungen gekennzeichnet war, sondern aufgrund dessen kam es auch zu erheblichen Konflikten innerhalb der Familie und insbesondere zwischen den Eheleuten Klaus und Petra Toll, die sich mehr und mehr durch gegenseitige lautstarke Sh·eitigkeiten entluden. Daher gab es - auch berei ts seit dem Einzug des Angeklagten und seiner Familie beginnend nicht nur die stets wiederkehrenden frühmorgendlichen Geräusche und Belästigungen in dem hellhörigen Hau s, als Klaus Toll noch zu „nachtschlafender Zeit" regelmäßig putzte oder den Müll heraus brachte und dabei die „Türen schlug". Über all die Jahre gehörte es vielmehr auch zur Tages-, bei den nachtaktiven Menschen innerhalb der Familie Toll auch immer wieder zur „Nachtordnun g", dass das Treppengepolter, die lautstarken Schreiereien und Beleidig ungen sowie die knallend zugeschlagenen Türen am späte n Abend bis tief in die Nacht hinein und mitunt er bereits wieder am frühen Morgen in dem hellhörigen Haus für die unmittelb aren Anwohner , die Famili e des Angeklagten, die ,,\Vand an Wand" wohnten, unüberhörbar waren, und namentlich von dem Angek lagten als zunehmend un ert räg lich empfunden wurden. Die se Zustände verschärften sich an Quantität, aber auch an Int ensität in den letzten beiden Jahren bis in das Jahr 2009 hinein . Hierbei spielten insbesondere die Tochter Astrid Toll und deren Mutter Petra Toll eine vvesentliche Rolle, da beide aufgrund ihr es geistigen bzw . 8 gesundheitlichen Zustands dazu neigten, undefinierbare, fast tierische Laute von sich zu geben. Der Geräu schpeg el war dabei teilwe ise derart extrem hoch , dass die Lärmbeeinträchtigungen nicht nur 1m unmittelbar ant,rrenzenden Nachbarha us des Angeklagten, sondern sogar auch im nächsten Nachbarhaus der Famili e Zappe als auch bei der Familie Becker und der Familie Müller zu höre • waren. Dies e Schre ie und Töne waren aber nicht nur extrem laut, sondern auch von ihrem Klang so eige narti g, dass die Nachbarn zum Teil davon ausgingen, dass etwas passiert sein könnte , weshalb in mehreren Fällen auch die Polizei gerufen wurde . Der Angeklagte wiederum , der vor dem Erwerb des Hause s eine klein e Eigentumswohnung besessen und diese vor dem Ankauf dieses Hau ses veräußert hatte, war dort hinge zogen, um mit seiner jungen Familie ein ungestört es Leben ·führen zu können, was aber aufgrund der immensen Lännbelästigungen insbesondere zur Na chtzeit nicht möglich war. Dies führte dazu, dass sowohl der Ang eklagte und seine Frau als auch seine Kindern regelmäßig nacht s vom Lärm geweckt "vurden und daher an eine durchgängig e Nachtruhe nicht zu denken war. Als unmittelbare Nachbarn der Familie Toll hatten sie am meisten unter den Lännbelästigungen zu leid en, da aufgrund der Hellhörigkeit der Reihenh äuser der Angeklagte und seine Familie die Geräusche aus dem Hau s der Familie Toll - ,,Wand an Wand" - sehr intensiv wahrnahmen. Diese Lärmbelä stigungen begannen bereits kur z na ch dem Einzug der Familie des Angeklagten, so dass der Angeklagte mit dem Geschädi gten Klaus Toll deshalb im Jahre 2001 Kontakt aufnahm, um diese Problematik zu lösen . Da der Geschädigte Klaus Toll jed och nicht einsichtig und schon gar nicht gesprächsbere it war, kam es zwischen dem Angeklagten und diesem zu einem wechselseitigen Briefverkehr , ohne dass sieb aus Sicht des Angeklagten etwas ände1ie. Dabei schaltete er den zum damaligen Zei tpurikt noch als Polizeibeamten tätigen Ehemann seiner Koll egin bei der Firma Auma nn , PHM Maczey, ein. Durch diesen und unter Vennittlung dessen Ebefrau, die mit ihm bei der Finna Aumann GmbH arbeitete, und von der er um desse n Tätigkeit wusste, ließ der Angeklagte mehrere Schreiben an den Geschädigten IUaus Toll übergeben. Auch wollte sich der Angeklagte dahingehend bera ten lassen, ob diese Schreiben von ilu·em Inhalt her so verschickt werden könnten. Der Angeklagte versuchte - wenn auch erfolglos - darüber hin aus, im Hau se Ruhe zu finden und den une insichti gen Klaus Toll dadurch zur Einsicht zu bring en, dass er die Polizei herbei rief. Dieser Versuch scheiter:te aber genauso wie Beschwerde n bei dessen Venn ieter Az, der nicht s 9 gegen seinen Mieter Klaus Toll unt ernehmen wollte . Die Folge de sse n war ledigli ch, dass das nachbarschaftliche Verhältnis zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten Klaus Toll nunmehr auch wegen der Einschaltung des Vermieters endgültig zeITüttet war. Klaus Toll reagie1ie sehr wütend und mit völligem Unverstä ndni s. Er wollte und würde seine V erhaltensweisen nicht verändern, insbe sond ere wollte er sich auch nicht von semern unmittelbaren Nac hbarn , dein Angeklagten, in se in P1ivatleben hinein regieren lass en. Der Angeklagte und seine Familie, deren eigenes Familien leben durch das Verhalten der Familie Toll generell und insbeson dere in der Nacht erheblich beeinträchtigt war, füWte sich durch den andauernden Länn immen s gestört und in ihr er Lebensquali tät beeinträchtigt. Andererseits waren alle Anstrengungen nicht nur vergebens gewesen, sondern hatten auch die Aussichtslosigkeit eines solchen U nterfangens ien sprechenden Umstände zu treffen. Bei der gebotenen Abwägung hat die Kammer berücksichtigt, dass dieser nicht vorbestraft ist. Zu Lasten lagen aber erheblich schulderschwerende Umstände vor, die die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld geboten. Denn der Angeklagte verwirklichte gegenüber seinem Opfer nicht nur jeweils zwei Mordmerkmale, indem er heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen handelte, sondern beging die Tat gegenüber Klaus, Petra und Astrid Toll und damit gegenüber drei verscruedenen Opfern, wobei Astrid Toll nur aus glücklichen Umständen überlebte. Zur Überzeugung der Kammer wiegen diese Umstände so schwer, dass im vorl iegenden Fall die besondere Schwere der Schuld festzustellen war. VI. Die Angeklagten haben gemäß §§ 465, 472 StPO die Kosten des Verfahrens, ihre eigenen Auslagen und die notwendigen Auslagen der Nebenkläger zu tragen, weil sie verurteilt worden sind.