Asiatische Gesellschaften und Verhaltensstile 70 d' sen Umständen denken als die Lösung der Nachfolge für einen (VerStor_ ie ” ‘ 0 abun. l oder aus der Puma aussche1denden) . y . beg;g,dgazfäjrriljel so unendlich viel mehr bedeutet als seine Teile und WO die «Vasallentreue» so groß geschrieben ist, entwickelt sich ein soziales Milieu, das vom Senioritäts-, Harmonie—, Faktions- und Isolationsprinzip beStlmmt Wli\iit Senioritätsprinzip ist gemeint, daß als Oyabunflnur solche Personen in Betracht kommen, die der betreffenden Gruppe am langsten angehoren oder sie womöglich gegründet haben — man denke im letzteren Fall an die nach dem Zweiten Weltkrieg neuentstandenen E1rmen Matsush1tha, Sony, Sanyo oder Honda, deren Gründungsväter auch in den achtugerjahren noch Obr_1,e jede Einschränkung als Führungspatriarchen anerkannt werden. Senioritar zählt mehr als fachliche Leistung, weshalb immer der Altere — und nicht der Tüchtigere — zuerst an die Reihe kommt.. . ‘ ' Mit Harmonieprinzip (wa, chin.z he) ist ein Gruppenverhalten gemeint, das, koste es, was es wolle, auf Vermeidung offener Konflikte, nicht zuletzt aber auch darauf ausgerichtet ist, nach außen hin ein «tadelloses»; Gruppen. bild zu vermitteln, in dem jeder seinen hierarchisch wohldef1merten Platz einnimmt Harmonie und «Gegenseitigkeit» sind Uraltbestandterle des Konfuzianismus: Loyalität soll gleichsam automatisch Loyal1tat und Dank— barkeit wiederum Dankbarkeit nach sich ziehen. In ihrer modernen I*orm hat die «Gegenseitigkeit» zu einem «Unternehmens—, Belegschafts— und An- gestelltenkapitalismus»” geführt, in dem das Wir ganz„groß geschrieben wird. Zumindest vom Selbstverständnis her gelten als Trager des modernen Großbetriebs nicht die Aktieninhaber, sondern die (festangestellten!) Be- triebsmitglieder, also das «menschliche Kapital»! Wer in einen ‚apanischen Betrieb eintritt, bringt idealiter nicht nur seine Arbeitskraft, sondern seinj ganze Person ein; der Betrieb verschlingt ihn «mit Haut und Haaren;( unl beansprucht nicht nur einen Großteil seiner Freizeitflund eine Lu;uc_ stt 7 lung seiner Familienbelange, sondern eine fast vollstandrge Id?ntlll.l€fufl]ä mit der «Kaisha» (Firma). Dies hat positive Seiten, insofern dlc(l‘lffnä & eine Art allumfassender Lebensversicherung, als Freizelitgesltalterin und T, Bedarfsfall sogar als Ehevermittlerin oder—schlichterm dient, aberpgl;a höchst negative Aspekte, insofern nämlich die Außenwelt als eine ‚Artb )c1 rb territorium betrachtet wird, gegen die man entweder im harten \)vett Lerh antritt oder die man ohne spontane Skrupel belastet — man denke an dilc [:e— lende soziale Verantwortung gegenüber «Außenstehenden» und an ( 1% “’ denkenlose Umweltverschmutzung, die in japan zwei Jahrzehnte lang staer gefunden hat. Auch der «Nächste» im christlichen Sinne ex15t1ert nur um . ', h n halb der eigenen Gruppe, i5t ansonsten aber unbekannt. In der lapzfn‚l;;hil. Praxis läßt das Oyabun/Kobun—Verhältnis überdies Sogar das VatU/it7ung “ . ' . . . . . r 5 Verhaltms in den Schatten treten - eine Tendenz, Wie Sie in dieser Lu (Emma, m der chinesischen Tradition nicht vorkommt! Die Kaisha ist als « 7 Y ], Wie asiatische Gesellschaften aufgebaut sind 71 mili£>n als «mein Haus» (uchi) und als emotionale Schicksalsgemeinschaft allzu0ft idealisiert worden. In der Japan—Literatur der letzten zwei Jahr- zehnte haben sich zwei Grundströmungen herausgebildet, die sich als Große und Kleine Tradition bezeichnen ließen, wobei zur ersteren die immer wie— der zitierten Beschreibungen des Psychologen Takeo Doi"‘, der Soziologin Nakan€ Chie sowie der beiden Amerikaner Ezra Vogel und Edwin Rei— Schauer gehören. Bei ihnen erscheint Japan durchwegs als etwas Einzigarti— ges, das nirgendwo sonst auf der Welt eine Entsprechung findet. Im gleichen Tone argumentieren auch Unternehmenszeitschnften, wie beispielsweise «Intersect», das vom Matsushita—Elektrokonzern in einer Auflage von einer Million Stück herausgegeben wird und das in jedem seiner auf Glanzpapier gedruckten Beiträge von den Wohltaten schwärmt, die japan dem Rest der Welt zuteil werden läßt. Dieses Bild der Konfliktfreiheit, des Selbstopfers für die Gruppe und der Wohltätigkeit für die Menschheit, das den Eindruck vermittelt, als handle es sich hier gleichsam um Bestandteile einer «Biologie des ]apanertums», wird inzwischen von einer Reihe linksorientierter Beob— achter gestellt, die darauf hinweisen, daß die «Sozialgeschichte ]apans größ— tenteils eine Geschichte des Konflikts» sei und daß vor allem die «Arbeiter- klasse» einer Fülle geschickt kaschierter Diskriminierungen unterliege”. Die Vorteile des so vielgepriesenen Betriebspaternalismus kämen doch lediglich den Stammarbeitern zugute, während die Leih— und Kontraktarbeiter sowie die älteren Arbeitnehmer von den Firmenwohnungen, Sonderzulagen, Frei- zeiteinrichtungen und Beschäftigungsgarantien ihrer privilegierten «Kolle— gen» nur träumen könnten. Benachteiligt seien ferner die Belegschaften der häufig vom Damoklesschwert des Konkurses bedrohten Klein— und Mittel- unternehmen, vollends aber die weiblichen Arbeitnehmer, von denen erwar— tet wird, daß sie im heiratsfähigen Alter ausscheiden oder sich ganz «klein machen». Das Faktionsprinzip ist Folge des organisatorischen Drangs zur Heraus- bildung Von Gruppen, in denen man sich geborgen fühlt. Wer sich einer sol- Cl'ien Gemeinschaft nicht anschließen kann oder beim Tod des Oyabun dort nicht mehr bleiben will — wird entweder zum «einsamen Wolf» oder aber gründet eine neue Gruppe, die sich schon bald wieder zur Faktion (habatsu) mausert“. Diese Segmentationstendenz ist eine Erklärung für die (auch hi— storische) Tatsache, daß es in japan, China, Korea und Vietnam immer wie— der Zur Herausbildung einander bekämpfender Politgruppierungen und Denk-«Schulen» gekommen ist! Damit hängt auch die «Isolation» zusammen, in die sich tendenziell jede Vertikalgmppe begibt: Man ist dann im Konkurrenzkampf mit den andern e{"Weder die Nummer eins oder ein Verlierer. Harmonie nach innen, uner- blttlicher Wettbewerb nach außen — dies ist die praktische Folge, die in ihrer °“5ec_ernz eine überbetrieblichen Arbeitsteilung entgegensteht. Wenn Fir— men Wie Sony, Toshiba u.a., die ja praktisch die gleiche Warenpalette erzeu-