In «Volksdemokratien» und «sozialistischen» Staaten wiederum nimmt der Volksentscheid schnell die Form der Kampagne (chin.: «yundong„) an die durch vier Strukturmerkmale gekennzeichnet ist, nämlich durch Kpj Führung, durch ein prozessuales Vier—Takt—Schema, durch eine «revolinio_ näre Umgebung» und durch zeitliche Eingrenzung. In China haben zwi\ sehen 1949 und 1978 rund dreißig solcher Großkampagnen stattgernden9_ Zwar haben die Reformer versucht, die Yundong durch eine (Zeitlich unbe_ grenzte) permanente Strukturreform zu ersetzen, de facto aber ist die Kam— pagne keineswegs tot, sondern lodert immer wieder hoch — man denke an die Bewegung gegen «geistige Verschmutzung» (1984ff.) oder gegen den «bürgerlichen Liberalismus» (1987). Ahnliche Kampagnen, die in Wirklich keit nicht Volks—, sondern Parteibewegungen sind, finden auch in Vietnam, Korea, Kambodscha und Laos statt. Man kann sogar behaupten, daß die Yundong drei jahrzehnte lang das Hauptsteuerungsinstrument der jewei]it gen KP gegenüber den «Volksmassen» waren. Eine dritte Möglichkeit ist die Mythenbeschwörung durch Neuinterpreta_ tion traditioneller «Demokratie»—Vorstellungm. Ein typisches Beispiel hier» für ist der Umgang ]akartas mit den Begriffen «Musiawarah» (_Einmütigkeir der Beschlußfassung), «Koperasi» (Zusammenarbeit), «Mufakat» (allseirige Zustimmung) und «Gotong royong» (wechsel;enige Hilfe), die sowohl zur Zeit Sukarnos als auch unter Suharto zum tagtägüchen Politvokabular ge_ hörten und gehören, wobei unterstellt wird, daß es sich hier um selbstver— ständliche Lebensphilosophien des indonesischen Volkes handle, die ledig— lich Während der Kolonialzeit etwas notleidend gewesen seien. Da die Be; griffe schwammig sind, lassen sie eine doppelte Interpretation zu: Man kann sie als Ausdruck echter Dorfdemokratie (von unten her) (so z.B. Mohamed Hana) oder aber als «enge Verbundenheit zwischen dem Volk und seinen Führern» (so der Adat—Experte Suporno), d.h. also im Sinne einer «Demo— kratie von oben»'°‚ interpretieren. Es muß nicht weiter verwundern, daß sich in der politischen Praxis die letztere Alternative durchgesetzt hat. Vor allem Sukarno verstand es meisterhaft, das Gotong royong für die Rechtfer- tigung seiner zunehmend autorit'a'ren Führungsmethoden zu verwerten. 1959 wurde das gewählte Parlament durch ein «Gotong royong»—Parl.iment ersetzt, wie Gotong royong ja überhaupt als Alternative zu dem vielg€- schmähten «Liberalismus» westlicher Prägung in Erscheinung trat. In einer Gesellschaft wie der javanischen, wo Gruppenbeziehungen fast ausschließ» lich vertikalen Strukturmustern gehorchen, sollte Gotong royong zum KH- stallisationspunkt für horizontal angelegte Verbindungen werden, so zum Beispiel für das berühmte NASAKOM—Konzept, das Nasionalisme, Sarekat (Religion) und Kommunisme miteinander verband, Auch unter der «Neuen Ordnlmg» Suhartos, die nach dem «Zwischenfall vom 30. September» 1965 begann, blieb Gotong royong ein beliebtes Schlagwort, vor allem wenn 51Ch dm Regierung an die Bauern wandte. Die «Inpres Desa» (Abkürzung von 98 Asiatische Gesellschaften und Verbaltensstile ' “ [I. Wie in Asien regiert wird habe Diese Sonderform des ventionscharakter an — eine Tendenz, di _ _ lung», Später aber von «Mobilisie— rung» (menggeakkan) der Dörfer die Rede war. . Die in der Inpres Desa zum Ausdruck kommende Idee der Staatsmterventio _ . n War Teil einer Politik der in ganz Asren gepflegten «selektiven Tradition» ’ _ _ ‚ mit deren Hilfe moderne Nationalstaaten versuchen, die Kluft zw15chen ” entrale und Peripherie im Geiste «demokratischer Traditionen» zu überbrücken. ;) Demokratie «von unten»: Formen spontaner Mitbestimmungwermcbe An die Stelle traditioneller Elitegruppen — der Mandarin lahs und buddhistischen Mönche — ' ‘ meist westlich erzogene nationale ' tsia» bezeichnet wird. Fast all ihren ' rischem», «sozialistischem» oder militärisch—autokratische getreten Sind, ist gemeinsam daß s' Vonoben verfügen ( Philippinen: Kriegsr aber gleichzeitig von €“: der privatwirtschaftliche Sektor in Thailand Katholische Kirche a “uf der geringste Ma hen, deren Ziel es 2 um zu brechen, so echt im Zeichen der Marcos—Herrschaft) d, Indonesien und aufden Philippinen, also in Thailand: Bürokratie und Militär, Indonesien: Militär, , in denen sich der Basis her neue politische Kraftfelder aufgebaut ha- und Indonesien oder die uf den Philippinen. Sobald sich in diesen Ländern auch növrierraum auftut, regen sich auch schon Organisatio— u sein pflegt, nicht etwa die «große Revolution» vom ndern gesellschaftliche ÄnderUngen in kleinen Schritten