Asiatische Gesellschaften und Verbalrensstila 100 zu versuchen, wobei die verschiedensten Aufgaben .— vom\Verbraucher_ schutz über den Kampf gegen Umweltverpestung bis hin zur Slumsaniernng _ in Angriff genommen werden. ' \ In aller Regel handelt es sich hier um autonome Gruppen außerhalb des traditionellen Spektrums politischer Parteien, die auf die Durchsetzung Von Grundbedürfnissen abzielen und zu diesem Zweck 0rganrsatmnx— sowie Be— wußtseinsarbeit leisten, wobei sie finanziell zumeist auf eigenen Beinen ste» hen und ihre Gründung regionaler, also nicht etwa gesamtnanonaler Initiative verdanken. Auf den Philippinen verstehen sich solche Gruppen nahc7u aus— nahmslos als Vertreter der Volks—, nicht der Amtsk1rche und betreiben als solche weniger Glaubensverkündigung als vielmehr souale Hilfsdienste. Langfristig könnten diese bisher noch als «Einzelkämpfer» hervortreu-n_ den Gruppen zu Keimen einer neuen sozialen Bewegung werden, falls sie nämlich über ihre Region hinauswachsen und vorsichtig genug sind, den schmalen Steg zwischen regierungsaffirmativem und rkritischem Verhalten nicht zu verlassen. NROs greifen nicht nur Randgruppenprobleme auf, son— dern tasten sich allmählich zu all jenen zentralen Fragenbereichen vor, dic von den etablierten Regierungen nicht gelöst werden können —— angefangen von der Sanierung der Shanty Towns bis hin zum Umweltschutz oder der Frauenbefreiung“. In den metakonfuzianischen Gesellschaften müssen sie sich, wenn sie erfolgreich sein wollen, innerhalb des Danwei—Rahmenx be» wegen, da sie in der Transdanwei—Sphäre von der Bürokratie augenblicklich als unerwünschte Konkurrenz betrachtet und als solche bekämpft wurden. Eine Sozialrevolution dürften die NROS kaum bewirken, wohl aber könnte es ihnen gelingen, basisdemokratische Abhilfen in vielen bisher ungeliis‘ten Problemgebieten zu leisten und überdies den Regierungen das Gesetz so7i.r len Handelns aufzuzwingen. Eine vielbeachtete Robin—Hood—Rolle spielen, zweitens, die Studentmibe— Wegungen. Wo die Massenmedien ängsdich, die parlamentarische Qppos1— tion schwach und die Gewerkschaften rudimentär sind, kommt den Studen— ten häufig die Rolle eines «öffentlichen Gewissens» zu. Mit ihren Kommili‘ tonen im Westen teilen sie die Neigung, schnelle und möglichst kompromilt— lose Lösungen zu verlangen. Angesichts der meist zentralen Lage der Unit versitäten ist es kein Wunder, daß Studenten bisher noch bei allen Wichtiger1 nationalen Ereignissen lautstark mit von der Partie waren, sei es nun bein; Widerstandskampf gegen die früheren Kolonialmächte (Indien, Vietnam url“ Indonesien), beim Sturm auf die let7ten Festen des Konfuzmmsrnus w.ni rend der «4. Mai—Bewegung» (1919), bei der Gründung von Pakistan uns Bangladesch, beim Kampf um die Einführung der Bahasa lntloncm.ly.ll* l\ält tionalsPrache der neugegründeten Republik Indonesien, beim Aufbau (LS nati0milistischen Bewegung in Birma während der 7‚Wan7‚iger jahre uni überhauPt bei der Gründung nahezu aller KPs in den asiatischen l.;iiitlt't'n; so waren z.B. die Vorklimpfer und Mitbegründer der KP Chinas zunit15 [I. Wie in Asien regiert wird 101 Professoren und Studenten der Universität Peking. Ob es in Südkorea um den Kampf für direkte Präsidentschaftswahlen, in der VR China um «mehr Demokratie», in Pakistan um weniger Militärherrschaft oder aber in Indone- sign um weniger «Korruption» geht — stets stehen Studenten an der Spitze solcher Bewegungen. Kein Wunder, daß die Regierenden die Studentenbewe- gungen als veritable Macht empfinden und respektvol] mit ihnen umgehen (bei den Studentendemonstrationen vom Dezember i986 in Peking wurde bei5pielsweise kein einziger Student verhaftet), zumal so mancher studenti- sche Protagonist aus einer Politikerfamilie stammt und es überdies selbst bei aufgeklärten Politikern als ausgemacht gilt, daß Studentendemonstrationen eine Art Fingerzeig des Himmels sind (Näheres dazu S. I izf.)_ Auch glaubt man zu wissen, daß die meisten radikalen Studentenführer sich in nicht ferner Zukunft bereits lammfromm in die künftige Betriebs» oder Bürofamilie ein— ordnen. Hier «universitäre Freiheit», dort «betriebliche Disziplin»: das «zhengming» (vgl. dazu 5. i47ff.) findet auch hier eine erneute Bestätigung. Ist in Indien die studentische Aktivität zumeist campusgebunclen‚ verläßt sie in den metakonfuzianischen Ländern den Campusrahmen: man will hier in den Transdanwei—Bereich hinüberwirken. Während ferner die meisten asiatischen Studentenbewegungen «Anti-Establishment»—Charakter tragen und deshalb fast automatisch linksorientiert sind, hat sich in den malaiischen Ländern unter dem Einfluß des islamischen Fundamentalismus eine «rechte» Stoßrichtung zur Wiederbelebung islamischer Werte entfaltet, die fast auto- matisch die Sultanatsverfassung bestätigt. Ein drittes «basisdemokratisches» Potential sind die Geheimgesellschaf- ten, die in der Vergangenheit überall dort entstanden, wo kein reguläres Druckausgleichsventil vorhanden war — vor allem in den konfuzianischen Ländern. Obwohl Geheimgesellschaften (sihui, wörtl.: «private Vereinigun- gen») fast immer politisch motiviert waren, pflegten sie nach außen unter religiösem Vorzeichen aufzutreten. Mit zu den berühmtesten Krypto—Orga— nisationen, die sogar Reichsgeschichte machten, gehörten die während der Han-Dynastie aktiven «Roten Augenbrauen» (zhimei) —— so genannt, weil sie manchmal ihre Augenbrauen zu färben pflegten —« sowie die «Gelben Tur- bine». Die «Gesellschaft der älteren Brüder» (gelaohui) war eine Vereini- gung, die sich in der Tradition der populären «Drei Schwurbrüder vom Pfir- SiCllgarten» (3. nachchr. Jahrhundert) sah. die <