118 Asiatische Gesellschafter: und Verbaltensstile chen Zustand der alten «Basisgebiete», bezeichnen könnte: Gesetze wman durch Ad—hoc-Regelungen und durch persönliche Direktiven Mao Zedongg ersetzt, und gleichzeitig zog die «Massenlinie» in die Rechtsprechung ein: Gerichtsverfahren sollten also nicht mehr im Amtsgebäude, sondern am Tat— ort erfolgen; der Laienrichter trat in den Vordergrund, und die «Massem wurden in die einzelnen Gerichtsverfahren aktiv einbezogen. Diese Ad_l1oc_ Gesetzgebung und Volkstribunalpraxis dauerten bis in die späten SiCbllger Jahre. Erst nach den Reformbeschlüssen vom Dezember 1978 begann eine Renaissance der Gesetzgebung, in deren Verlauf zahllose formelle Gesetze und Rechtsverordnungen erlassen wurden, die durchweg nach dem Vorbild des während der zwanziger und dreißigerjahre verkündigten und 1949 offi- ziell wieder abgeschafften Guomindang—Rechts tnodelliert waren — man denke an das StGB, die StPO, die ZPO, das Vertragsgesetz, das neue Patent— gesetz usw. Ihrem äußeren Aufbau nach erinnern die neuen Bestimmungen also an das Guomindang— und damit letztlich an das deutsche Recht. Man täusche sich jedoch nicht: Wirft man nämlich einen Blick auf die Praxis der Rechtsumsetzung, so wird deutlich, daß das äußerlich deutsche Recht letzt» lich in traditionellem Geiste interpretiert und damit von innen her wieder sinisiert wird: der Kreis zwischen Gestern untl Heute schließt sich also teilv weise. Ein wirkliches «Gesetz» im Sinne von «fa» soll nach chinesischer Auffassung wie ein strahlender Fixstern am Himmel stehen und ist eigent» lich gar nicht für den Alltagsgebrauch bestimmt. Um sich dieser Spannung von Modellhaftigkeit und Wirklichkeit zu entziehen, erläßt der Gesetzgeber statt formeller Gesetze, die womöglich wieder abgeändert werden müßten, lieber Regelungen mit dem Zusatz «zur versuchsweisen Anwendung», «Einstweilige Bestimmungen» etc. Nicht weniger kompliziert als in China fiel die «Verschichtung» zwischen mehreren Rechtskreisen in den islamischen Ländern, z.B. in Malaysia, aus, wo drei Rechtsschichten übereinander «kleben»: das geschriebene, zumeist westlich inspirierte Recht, das muslimische Recht (Shariah) und das Adat. Die Shariah enthält juristische (fikh) und ethische Vorschriften, mit denen ein klarer Trennungsstrich zwischen Gut und Böse im Sinne des Allm.ichti- gen gezogen wird. Sie gilt als göttliche Offenbarung und kann deshalb nicht abgeändert werden, es sei denn, man entgeht ihrem strengen Zugriff durch geschickte Interpretation, woraus eine Fülle miteinander wetteifernder Rechtsschulen entsteht. Die Handhabung des muslimischen Rechts erfolgt dürcb Richter (<«Kadi», «Kathi» auf malaiisch) sowie Muftis, die eine Art Beraterfunktion einnehmen und deren Entscheidungen in speziellen Samnr lungen, den sog. «Fatwa», gesammelt sind. In Indonesien gibt es seit 1957 neben den staatlichen Gerichten noch die «Pengadilan Agama» («Gerichts höfe für Religionsjustiz»), die Fragen der Eheschließung, der Scheidung 50_Wle andere Familienangelegenheiten, nicht jedoch Erbfragen judili€f9“- Dle Shariah regelt hauptsächlich Familien—, Eigentums— und Erb— sowie * [I. Wi ' in Amen regiert wird 119 Strafrecht und bringt auch einige prozedursle V"“Chffp „ N Shariah dominiert die Atlathradi[i0n. ohne den,“ Bearl'h m ' . eben der laiisch—islamischen Ländern nichts läuft. «Adat» ist C'“ tung in den ma- wort, das mit dem Verb ada (zurückkehren. sich wieddibfia tsches Lehm- hängt. Statt einer abstrakten Definition des ftir Eu“) ‘1‚Je_n) zgsammen— ständlichen Begriffs sei hier eine eindrucksvolle timif}iii-£O sc wer ver; Königsmann Wi€dergegebenrl3; «Adat “‘.ü'lt das menschliili «ung "voii JOSed pflanzliche Leben. Adat sorgt für das geordnete ; eben is T) t;ärtsc elunk und Chaos liegen außerhalb der vom Adat geordneten \x,‘ cAtii , Ung ude Bestrafung eines Diebes, die Auflösung einer 5cliu.d itrdtidiK _"jt regdelt: im den, Tischsitten und Kleidung. Adat bestimmt die feste d. 2eä un k räe— Tänze und die Besuche. Geburt, Hochzeit und Tod isin’l cp .cArtäuc ‚. ge denkbar (starke Akzente legt das Adat auch \ 01m at mc [ auf die Ausgestl I _ _ \ . atun von o— deszeremomen und Nachtodesferern am = 7 g ,m „ !4„ is. und 100. lag, cl.Vf.). Opfertiere und Tiere für ein liest werden nemi'ß «lem \d schlachtet. Die Regel der Frau wird die Adat trageir gt'nlilnt 51 atl'gli_ Naturabläufe sind gemäß ihrem Adat geordnet. Adilt ist (ielcl'ieitkfffflfi e Göttern, ererbt von den Ahnherren. Adat wird gescltut7‚t von den Toten uretii den Alten einer Gruppe. Adat wird erzahiend überliefert in Pabeln 9a en Mythen, Sprichwörtern und Redensarten. Adat wird als Ganzheit ‚als iind Einheit empfunden und enthält Gesetze, Recht, (icwullnllt‘lt‘cti Siften Ge— bräuche und Religion in einer undifferenzierten Einheit. Adat isi die Einheit all der vielen Elemente. Adat wird als Erbe iibernonnncn. Darum ist Adat eine Rechtsordnung, die nicht von den jetzt lebenden Menschen gemacht w1rd. Weil Sterne, Pflanzen, Tiere und Menschen Adat besitzen oder in ih— rem Adat leben und sich bewegen, darum ist Adat durch eine bestimmte Notwendigkeit bestimmt. Entscheidungsfreiheii kennt das Adat nicht sie wird aber auch nicht als wünschenswert empfunden.» Adat entstatnm£pa— tr1archalisehen und matriarchalischen Quellen „ das letztere «Adat pcrpea— teh» stammt aus der Tradition von Minangkabau (im indonesischen 5umatra und im malaysischen Bundesstaat Ncgri Sembilanl. lm patriarchalischen «Adat Temenggong», das in den übrigen rn.tl;tiischen Staaten gilt, vermi— schen stch vorhinduistische, hinduistische und islamische Elemente ineinan- der”. Der Kampf ums Adat ist in Malaysia und lndonesmn noch lange nicht ent— SCl'neden: konservative Gruppen befürworten eine geduldige Fortentwick— Lung des Adat, während progressive Gruppen in ihm eine l\10dernisierungs— $$$;er e;bl(tjclgerg d(;15 Adat fordere beispielsweise eine gemeinsame Feldbe— technoi]go ;; . e m 1ere damit die Linfuhtung moderner Lanthrts‘chafts— schäfts singt, es ver ar;ge‚ daß ein Unternehmer bet der ltroffnung eines Ge— konkUrsreif ges/a\mftge damtlre mttbeterhgen musse, so daß er prakttsch bald die verwandstei. u er em fuhre der hohe B„rautprets. der nachdem Adat an en der Ehefrau zu leisten ist. nicht selten zum Rum der neuge—