130 ASiat15t‘be Gesellschaften und \"L’Tl7altl’7lßtllr’ (privaten) Schrein—Shintoismus. In Indien wurden die beiden Berufe des «Politikers» und des «Geistlichen», dem klassischen Hinduismus entsprc_ chend, lange Zeit von verschiedenen Kasten ausgeübt, wobei die Kshairiyg, die «Königs»—, die Brahmanen aber die Priesterrolle übernahmen. In einer Art politischer Symbiose unterstützten die «Priester» die «Könige» mit Le— gitimationsritualen, («Sanskritisierung» des Herrscherstatus), woraufhin diese sich mit Landschenkungen und sonstigen Stiftungen revanehierte„ Obwohl sich dieses Beziehungsverhältnis später differenzierte, gibt es auch heute noch keine nennenswerte Konkurrenz zwischen beiden. Dies hängt nicht nur mit dem geringen Organisationsgrad des Hinduismus, sondern auch mit der hinduistischen Toleranz zusammen. Nur ab und zu kcimen Konflikte auf, wenn der Staat nämlich bestimmte «Auswüchse» des Kasten wesens beschneidet (man denke hier vor allem an die «Unberührharen Frage), oder wenn er, wie im Hindu Marriage Act von 1935, tief in die I'L'li» giöse Substanz eingreift, indem er beispielsweise Polygamie verbietet und die Scheidung zuläßt. Das Nebeneinander: Tbcrwvadabna'dhisnms Das mehr oder weniger harmonische Nebeneinander von Staat und «Kir— che» findet vor allem im Theravadabuddhismus statt. Die organisatorischm «Fahrstühle» von Staat und Sangha pflegen in den fünf klassischen 'l"herava- daländern seit jeher zueinander parallel zu laufen; so gab (und gibt es) z. B_ in Laos ein Fünfstufengebäude, das von der Zentrale über die Provinzen. Kreise und Gemeinden bis hinunter zum Dorf (hang) reicht. An der Spitze nahm früher der König die «Rechtsaufsicht» (nicht «Fachaufsieht») über den Sangha wahr; heute ist dies Aufgabe eines Religionsministeriums. Die welt- liche Provinzverwaltung fand ihr Gegenstück in der Diözese, die Ki'eisxer— waltung im buddhistischen Kreisvorsteheramt und der «Dorfbürgermeister» im Kirchenamt des örtlichen Wat (Tempel)“. Als Ganzes verfügte die Mönchsgemeinschaft freilich nie über eine zentrale Autorität oder gar so et- Was wie ein «Papsttum». Dadurch kam es zu zahlreichen Einstellungen der «Drei Kleinodien», die manchmal bis zum Identitätsverlust führten: Die Gestalt Buddhas beispielsweise wurde im Mahayana fast ganz durch (ina— dengottheiten in den Hintergrund gedrängt; der Sangha spaltete sich in im— mer neue Nikayas (Sekten) auf, und die Lehre selbst zersplitterte in zahllose «Fahrzeuge» (yana): Mit dem Yana überquert der Buddhist nach dem Volk» glauben den Fluß der Wiedergeburten und gelangt ans Ufer des Nirwafld. Die drei wichtigsten Yanas sind bekanntlich das Kleine Fahrzeug (Hinay Ana. identisch mit Theravada), das Große Fahrzeug (Mahayana) und das Tantri— sche FahrZCUg (Vajrayana), die noch ergänzt werden durch mannigfache all‘ d6re Fahrzeuge, welche ihre Entstehung lokalen Synkretismen verdanktcn Unabhängig von solchen Varianten freilich hat sich in den fünf I.andern des Th€ravadabuddhismus eine subtile Symbiose zwischen Königtum und [I. Wie in Asien regiert wird 13 1 Sangha herausentwickelt. Während der König seine Schütyende Hand über den Orden hielt, sorgte dieser dafür, daß auf den Dörfern niemals Zweifel an der Legitimität des Königtums aufkamelk Nach der Tradition Buddhas hat der Sangha politisch zwar abstinent zu sein. Er kann also keine Re ierun s- funktionen ausüben, und seine Mitglieder sind weder aktiv nth asäiv Wahlberechtigt. Die Geschichte hat jedoch gezeigt, daß der San ha if aller Regel regierungsaffirmativ ist. In jüngster Zeit gab es hier aller%lin 5 Aus— nahmen, vor allem in Laos und im — mahayanabuddhistischen _ Vietnam Wo politisch engagierte Mönche durch ihre Propagandatätigkeir für den Pa—, thet Lao oder aber, wie in Vietnam, durch spektakuläre Selbstverbrennun en die Glaubhaftigkeit ihrer Regierungen untergruben. In der Re el war ciies freilich eher das Werk von Einzelpersonen als des gesamten Ord;ens Ein weiteres politisches Charakteristikum des Buddhismus ist seine de— mokratische Grundausrichtung, die historisch damit Zusammenhän t daß die Mönchsgemeinschaft aus einer antibrahmanischen Reformbev%dgung hervorgegangen war. Ferner betrachtete sich Buddha selbst nicht als Ober— haupt des Sangha, sondern nur als Lehrer. Schüler konnte jedermann wer— den, ohne Ansehen von Rasse, Bildungsstand oder Kaste. Dieses «demokra— tische Milieu» färbte allmählich auch auf die Laiengemeinden ab und führte zu jener Konzeption der Gleichheit aller Menschen, die für theravadabud- dhistische Dörfer auch heute noch typisch ist. Nebeneinander von Staat und Kirche sowie Demokratiefreundlichkeit sind also Markenzeichen der Polit—Tradition des Buddhismus, die im zo.]ahrhundert allerdings erheblichen Schaden erlitten hat, nachdem im Kambodscha der Roten Khmer 3050 Pagoden zerstört sowie 81 500 buddhi- stische Bonzen ermordet“ und die Mönchsgemeinschaften in der (1979 aus- gerufenen) «Volksrepublik Kampuchea» sowie im volksdemokratischen Laos (seit 1975) zu «Massenorganisationen» umgebaut worden sind. Gene- rell obliegt dem Sangha heute eine fünffache offizielle Aufgabe, nämlich Glaubensverkündigung (wobei «nützliche» von schädlichen Elementen — u.a. von Einflüssen des «Aberglaubens» « zu trennen sind), Volkserziehung, Gesundheitsdienst (Neubelebung der traditionellen Kräutermedizin), Auf— rechterhaltung der Tempelanlagen (die ja auch als Mittelpunkte kommunalen Lebens nützlich sind) und Teilnahme an der internationalen Friedensbewe— fällig. Die Kommunistischen Parteien versuchen das Buddhismus—Problem bezemhnenderweise an zwei besonders neuralgischen Stellen in den Griff zu bekommen, nämlich bei der Steuerung des Mönchsnachwuchses sowie bei der Erziehung der Jugend, die ja zum Hauptträger eines neuen Wertesy— Stems werden soll. ti()I'ielllltzutage läßt sich das Nebeneinander von Staat und Sangha im tradi- lerg'e en Sinne nur noch in Birma, Thailand und Sri Lanka nachweisen. Al— nading? konnte im_ceyloneSischen Bereich immer Wieder die Forderung einem Buddhismus—Staat aufkommen, da hier die tiefverwurzelte