136 Asiatzsche Gesellschaften und Verhaltensstile ren, sondern brachte die Angelegenheit vor einen Clanführer oder einen Bruderschaftsvorsitzenden, der eine informelle Entscheidung traf. Auch die meisten «Hadood»—Vorschriften wurden als zu hart und unvenräglich mit der «heißen» menschlichen Natur empfunden, vor allem dann, wenn es „„, sexuelle Verbote ging. Und doch verstanden sich alle als echte und begei— sterte Mohammedaner, die an der Legitimität der islamischen Einrichtungen und Glaubenssätze nicht den geringsten Zweifel hegten. Fiir die Chakp1„is ist der Islam ein Symbol des Guten, des Richtigen, des Moralischen und des Rechten. Gilt jemand als guter Mensch, so ist er qua definitione ein guter Muslim. Der Islam ist m.a. W. das einzige Symbol der Moralität, der Ge— rechtigkeit und der Wahrheit“? Der alte Widerspruch zwischen Umma—Ideal und säkularer Wirklichkeit hatte die Islamische Republik Pakistan schon bald wieder eingeholt. Solange sich Pakistan nicht wirklich als Islamstaat versteht, bleibt es ein ähnlich brii_ chiger Vielvölkerstaat wie das alte Österreich—Ungarn. Sollte es dagegen zur Umma zusammenwachsen wollen, so wäre dies nur mit einem «Königsop— fer» möglich, nämlich der Zügelung aller innovationsbedachten Eliten. «Zerfall oder Mittelalter» ‚ dies scheint, überspitzt ausgedrückt, die Alter— native Pakistans zu sein. 11) Die Pancasila—Verfassung Indonesien; Auch an der Wiege der Republik Indonesien, dem größten Muslimstaat der Welt, in dem allerdings 20 % Nichtmohammedaner leben, stand die Frage, welche rechtliche Bedeutung der Islam haben sollte. Die orthodoxen Mus— lims forderten die Errichtung eines islamischen Staats und die Umsetzung der Shariah, während die Nationalisten für einen «religiösen Staat» eintra— ten, in dem auch das Adat Geltung erhielte. Im juni 1945 hielt Sukarno seine als «Geburt der Pancasila» bekannte Rede, in der er die fünf Grundprinzi— pien zusammenfaßte, die dem gesamten Volk und nicht nur den Muslims eine geistige Heimat bieten sollten, nämlich (1) die All—Eine—Göttlichkeit (damit wurde der Glaube an eine der fünf anerkannten Hochreligionen. nämlich des Islam, des Protestantismus, des Katholizismus, des Hinduismus oder des Buddhismus, zu einer Art verfassungsmäßiger Grundpflicht jedes Indonesiers); (z) Gerechtigkeit; (3) staatliche Einheit; (4) Demokratie durch umfassenden Konsens und (g) soziale Gerechtigkeit. Im gleichen Monat noch forderten die Muslims eine Erweiterung des ersten Grundsatzes um den Passus «mit der Verpflichtung, die islamische Shariah durch ihre Anhän- ger Binzuhalten». Als freilich am 18. August 1945 die Präambel verabschlc’ det wurde, fehlten die «sieben Worte», d. h. die Shariah—Klausel. Die empörten Muslims suchten fortan mit einer Doppelmethodt‘ d09h noch ihr Ziel zu erreichen: Erstens versuchten sie, separatistische Islamstaa' te" ZU errichten, wobei sie sich teilweise militärischer Mittel bedienten. 1949 [I. Wie in Asien regiert wird 137 zum Beispiel wurde das sundanesische Westjava zum <