172 Asiatische Gesellschaften und Verhaltensstile krasser freilich als dieses quantitative ist das qualitative Mißverhältnis, insg. fern eine Metropole wie Bangkok oder Manila sich zum Kristallisationg_ kt moderner Technologien und Berufe entwickelt, während das übrige d bedeutungslos wird. Dieses Mißverhältnis war es denn auch, das Zutn motiv des Khmer—Rouge—Plans der «Entstädterung» Kambodschas Die Heilung des Landes sollte mit einem harten chirurgischen Ein— griff eingeleitet werden, dem vor allem die «Ausländer», d. h. die Auslands_ chinesen, Auslandsinder und Auslandsvietnamesen, darüber hinaus aber auch die städtisch «angekra'nkelten» Khmer zum Opfer fielen Der sozio— Ökonomische Graben zwischen buddhistischer Bauernbevölkerung Und «metropolitanem» Unternehmertum sollte dadurch zugeschüttet werden, daß die Städter entweder liquidiert oder durch Landverschickung in Bauern zurückverwandelt wurden. Unnötig, zu betonen, daß dieses Vorgehen der buddhistischen Moral zutiefst widersprach; nicht zu leugnen freilich auch, daß die Krankheit, die es zu heilen galt, durch eine buddhistische lnsuffi_ zienz ausgelöst worden war. pun Lan Haupt wurde. Islam und Gewerbeflciß Anders als der Buddhismus zeigt der Islam eine grundsätzlich positive Ein? stellung zum Gewinnstreben, wenngleich er es durch eine Reihe von Ge» und Verboten einschränkt: Zu den Geboten gehört die Zahlung von Zakat, einer Art islamischer «Kirchensteuer», sowie das Spenden von Almosen im Sinne einer «brüderlichen gegenseitigen Sozialversicherung». Verboten ist es andererseits, Zinsen zu nehmen und Monopole zu errichten ‚ beides ver- stößt gegen die islamische Brüderlichkeit! — sowie Versicherungen abzu» schließen. Wer sich irdisch versichert, zeigt damit an, daß es mit seiner «Er— gebung» in den Willen Allahs nicht allzuweit her ist. Für alle drei Verbote gibt es in der Praxis freilich Umgehungsmöglichkeiten. An die Stelle einer Zinserhebung tritt bei den islamischen Banken beispielsweise die Regelung, daß der Sparer an den Gewinnen und Verlusten der Bank gleichermaßen bei teiligt — und entsprechend abzufinden — sei”. Eingeschränkt ist die malaio-islamische Wirtschaftseffizienz allerdings durch das Rezeki—Denken («Es reicht, wenn wir leben können; wozu mehr?»), durch die Neigung, Geschäftserfolge eher als Glücksfall («kismct») denn als Ergebnis rationalen Wirtsehaftens zu betrachten, durch die Ablclr nung langfristiger Risiken, durch die bereits mehrfach erwähnte Abneigung gegen das Sparen und nicht zuletzt durch den Glauben, daß Glück im (ich schläft Unglück in anderen (oft viel höher bewerteten) Bereichen bedeutet. 111. Wie asiatische Gesellschaften ”Wirtschaften 173 3. «Entwicklung» 315 kultureller Prozeß Im nachkolomalerr Asien wurden zwar Viel moderne Technologien über- nommen, J6d0Ch nicht immer aufgenommen, d.h. verinnerlichr. { d { ner auch Wachstum und Modernisierung, jedoch nicht immer ECS Zink] er- statt. Vor allem in den fünfziger und sechziger Jahren War «E lelil ung meist mit «Wachstum» verwechselt worden. Es bedurfte lan britch ung) Geburtswehen, bis endlich die «Grundbedürfnisstrategie» aii dlerifg'f‘23fgeen2f haben.wurdcei, die zum erstenmal keine kulturelle Selbstaufgabe von d6flg2“ «entw1ckeln'en». Volkern mehr verlangte. Unter «Entwicklung» wurde zu Beginn der Sleb21ger Jahre weniger das Wirtschaftliche Wachstum nach west— lichem Muster als vrelmehr die Anpassung des soziokulturellen Umfelds an die modernen Erfordermsse verstanden. «Entwicklung» sollte nun vorran- gig nicht mehr durch Anstöße von außen, sondern durch Wandlun en von innen her erfolgen, wobei es darum ging, «kulturgerechte» Antwoéten auf die europäische Herausforderung zu finden. Noch in den siebziger jahren war die «Wachstumsstrategie» dominierend gewesen, die die Höhe des Pro—Kopf—Einkommens als Meßlatte für den «Entwicklungs»-Stand benutzte und den Einsatz kapitalintensiver Techno- logien in den Mittelpunkt stellte. Man wollte durch die Förderung von Ent- wicklungsinseln Ansatzpunkte schaffen, von denen aus dann die gesamte Wirtschaft modernisiert werden konnte. Nach zwei Jahrzehnten kam man freilich zu der ernüchternden Erkenntnis, daß erhöhtes Wachstum fast nie von selbst zu den breiten Massen durchsickerte. Dies zeigte sich vor allem bei der «Grünen» (Feldbau) und der «Blauen» (Fischerei) Revolution, die beide mit modernen kapitalintensiven Techniken betrieben wurden und die am Schluß die Reichen noch reicher, die Armen aber noch armer machten, weil nur die wohlhabenden Bauern und Fischer sich die teuren Geräte und Hilfsmittel leisten konnten. Der «Dualismus» zwischen Hochwachstumsbe— reichen und Subsistenzbetrieben wurde aber nicht nur durch unterschiedli- che Kapitalzugänglichkeit, sondern auch, wie Bouke“ feststellt, durch das kontraproduktive Aufeinanderprallen von inländischen und ausländischen Wertesystemen verursacht. Die «soziale Gesinnung» der Indonesier, die sich vor allem in «bescheidenen Bedürfnissen», in fehlendem Geschäfts- und Wettbewerbsgeist sowie in Ergebenheit gegenüber dem Schicksal äußere, sei nur den genau entgegengesetzten Eigenschaften der niederländischen Kolo— nialherren zusammengestoßen und habe nun vollends resigniert. In nachkolonialer Zeit wurde der Dualismus vor allem von Sukarno in Kauf genommen, der dem «Nation—building» Vorrang gegenüber der «Entwick— lung» einzuräumen bereit war. Sogar unter der «Neuen Ordnung» nach 1965 gab es ein Tauziehen zwischen einer eher traditionell ausgerichteten und einer modernen Richtung. Letztere ist mit dem Namen des in der Bundesre— PUbltk Deutschland ausgebildeten Industrieministers Habibi verknüpft. Mit