270 Asiatische Gesellschaften und Verhaltensstile

dynamische Kontraste, die plötzlichen TempoweChsel “Hd der überhell
Klangcharakter der Schlaginstrumente geben der Musik den Charakter v e
UnWirklichkeit und schaffen damit jene Hintergrundstimmung, die für don
f<Gottesdienst» des Wavang—Spiels so wichtig ist. Der Klang des Garnelen
intenswiert das Erlebnis des Zuschauers und gibt ihm das Gefühl
theatralische Geschehen mit einzutauchen. ‘

an
HIS

 

VI.

Wie man «Asiate» wird:
Lebenslauf, Sozialisation und Familienleben

i. Hauptprägephasen

In der westlichen Erziehungswissenschaft ist bekanntlich viel darüber ge—
stritt€n werden, ob Kindheit, jugend oder aber«lebenslanges Lernen» den
Menschen am stärksten formt. Wer die Kindheit für ausschlaggebend hält,
Wird bei der Erziehung und Ausbildung vor allem auf Familie, Kindergarten
und Grundschule setzen. Wer dem jugendalter am meisten Lernkapazität
Zutraut, fördert Mittelschulen, Lehrlingsausbildung und Rekrutenzeit sowie
.. im traditionellen Asien ‚ das Meister/Schüler—Verhältnis. Die Befürworter
lebenslangen Lernens schließlich betonen die Erziehung vor allem durch den
Beruf, durch Erwachsenenbildung und durch Teilnahme an sozialen und po—
litischen Prozessen.

Während in China, wie überhaupt in den konluzianischen Kulturen, der
dritte Ansatz stark ausgeprägt war, stand im traditionellen Indien das Add
lenszenzalter im Vordergrund — zumindest in der brahmanisehen Theorie
von den vier Lebensstufen: Danach hatte jeder Brahmane in seinem zweiten
Lebensstadium das Elternhaus zu verlassen und sich nach Möglichkeit unter
die Fittiche eines Gurus zu begeben, der ihm die heiligen Texte vermittelte
und ihn in das religiöse Ritual einweihte, bis er dann, in einer dritten Phase,
einen eigenen Hausstand gründete, um sich schließlich, am Ende seines Le-
bens, in die Einsamkeit zurückzuziehen und dort Einkehr zu halten. Von
solchen besonders herausgehobenen Traditionen abgesehen, waren sich je—
doch alle asiatischen Kulturen darin einig, daß die Hauptformung des Men—
schen in der Kindheit — und hier wiederum im Schoß der Familie», also kei—
neswegs unter «Gleichaltrigen» erfolgen müsse.

. Darüber hinaus besteht aber auch im W'esteti weitgehend Einigkeit dar—
über, daß kindliche — und nun gar frühkindliche ‚ Erfahrungen entscheidend
zur Anpassung des einzelnen an seine gesellschaftliche Umwelt und zur
Herausbildung seines \Wertesystems beitragen. Nachfolgend seien die wich—
tigsten Sozialisationsphasen skizziert: