3 12 Asiatzsche Gesellschaften und Verbaltensstile In diesem Zusammenhang noch eine Bemerkung zum Rauchen: In Asien gibt es eine Vielzahl von Arten des T3b3kgenusses, die von der Zigarette westlichen Stils über die Wasserpfeife und das Bambusrohr (Südchina) bis hin zum «berührungslosen» Saugen geht, das von gewissen hinduistischen Kasten aus rituellen Reinlichkeitsüberlegungen geübt wird. Da die Asiaten‚ sobald sie sich im überschaubaren Personenkreis bewegen, wesentlich ge— meinschaftsförmiger denken als die meisten Europäer, bittet man um die Er- laubnis, rauchen zu dürfen — diese Sitte ist in Indien freilich wesentlich strenger als beispielsweise in China. In Indien und Südostasien gilt es gene— rell als Zeichen mangelnden Respekts, in Gegenwart von älteren Personen zu rauchen. In Korea versteckt man die brennende Zigarette hinter dem Rücken, sobald ein Älterer hinzutritt. In Indien pflegen Kinder aus Respekt auch nicht in Anwesenheit ihrer Eltern zu rauchen. In Japan ist Rauchen in öffentlichen Verkehrsmitteln, vor allem in den U—Bahn—Zügen, sowie in Stoßzeiten auch auf den Bahnhof—Wartesteigen verboten. Manche Asiatcn, z.B. die Sikhs, lehnen aus religiösen Gründen Rauchen überhaupt ab, Un— angebracht ist es, einer Asiatin Zigaretten anzubieten. Rauchende Frauen gelten dort als exotische Ausnahmeerscheinung. b) Füße Im städtischen Asien hat sich die westliche Sitte des Gebrauchs von Tisch und Stühlen weitgehend durchgesetzt — zumindest im öffentlichen Leben. Privat und auf den Dörfern dagegen sitzt man noch häufig auf dem Boden — eine Sitte, die Südostasien und Indien mit Japan und Korea teilt. In China und Vietnam dagegen nimmt man seit Jahrhunderten an Tischen und auf Stühlen Platz. Probleme für den Ausländer ergeben sich im allgemeinen nur dann, wenn er privat eingeladen wird. Grundsätzlich sind in Indien, Japan und Korea sowie den meisten südostasiatischen Ländern die Straßenschuhe beim Betre' ten der Wohnung (und übrigens auch eines Tempels) auszuziehen, und zwar nicht nur aus hygienischen, sondern vor allem aus religiös-rituellen Grün den: Man könnte ja unversehens Partikel in die Wohnung tragen, die «dämof nisch aufgeladen» sind, oder aber — so in der indischen und islamischen Welt — die Spuren «unreiner» Objekte ins Hausinnere bringen — etwa Blutreste oder Hunde— und Schweineexkremente etc. In indischen Häusern dürfen Schuhe auf keinen Fall im Küchenbereich oder in einem Puia—(Andachts)— Raum getragen werden. In China und Vietnam andererseits verhält man sich ähnlich wie in Europa. Türschwellen, die häufig sehr hoch sind, werden nicht be—, sondern überstiegen. Man setzt sich erst, wenn der Älteste unter den Anwesenden Platz g£‘* nommen hat. Beim Sitzen auf der Bodenmatte haben Männer generell die Beine zu kreuzen. Sie ausgestreckt liegen zu lassen, gilt als nachlässig und VII. Vom alltäglichen Umgang rnit Astatt’n 3 13 unhöflich; vor allem darf man dem_ Gegenüber nie die I‘ußsohlen zuwendem geschweige denn mit den Zehenspnzen auf ihn, etwa gar seinen Kopf zeigen „ dies wäre ein noch unverze1hhcherer Verstoß als das Deuten mit dem Fin- ger- Es löste nergose Heiterke1t beim thailandischen Publikum aus, 315 der frühere US—Pra51dent Johnson wahrend einer I“Crnschdiskussion dauernd mit der Fußspitze auf den Kopf des Königs «ziehe». Der Fuß ist der unterste Teil des Körpers, der Kopf dagegen Sitz des «Allerliciligstcm im Menschen. Vollend5 unmöglich wäre es, die Füße zur Entspannung auf den Tisch zu legen. _ ‘ All diese Vorschriften Sind besonders streng zu handhaben, wenn ältere Personen anwesend sind: Spätestens jetzt kann man es sich nicht mehr «be« quem machen». In Korea preßt man — zumindest vorübergehend — die bei- den Fußsohlen fest auf die Matte: ein Ausdruck angespannten Respekts! Es gilt als unhöflich, über eine auf dem Boden sitzende Person hinwegzusteig€fl oder an einer älteren Person vorüberzugehen, ohne sich kurz zu verbeugen und dabei vielleicht auch noch die rechte Hand deinonstrativ und respekt- voll nach unten zu strecken. Stets empfiehlt es sich dabei, sei es nun in Ja- pan, Korea oder in der malaiischen Welt, in leicht gebückter Haltung zu ge- hen. In Java gilt es auch noch als unhöflieh, wenn eine Person niedrigeren sozialen Ranges in Anwesenheit von Respektspcrsonen den Kopf hoch trägt. Frauen sitzen seitwärts mit angezogeneii Knien auf der einen und den Fü— ßen auf der anderen, dem Blick des Gegenüber abgewandten Seite. Da es im traditionellen Asien keine gemischten Reihen gibt, gelten diese Verhaltensre— geln praktisch nur für «gleichgeschlechtlichc» Gesellschaften. Wenn (einhei— mische) Frauen überhaupt an Männergesellschaften teilnehmen, so allenfalls als höflich bedienende Gastgeberinnen. Ein fröhliches Beisammensein gibt es jedoch mit professionellen Unterhalterinncn, seien es nun die Kisaeng in Korea oder die Geishas in Japan. 6) Kopfbewegungen Der Kopf galt im traditionellen Asien als Sitz numinoscr Kräfte, den nie— mand außer den unmittelbaren Angehörigen berühren durfte. Dieses strenge Tabu gilt bei Kindern auch heute noch in Indien und Thailand, bei Erwach— Senen aber in ganz Asien. Kopfbewegungen spielen in der Kommunikation eine Wichtige Rolle, sei es nun bei der vor allem in Japan und Korea geübten Verneigung oder aber zur Bestätigung oder V*rneinung einer Frage. Häufig haben Kopfzeichen in Asien jedoch eine andere Bedeutung als in Europa. Wenn beispielsweise ein Inder den Ki)pf schüttelt, so heißt das nicht, wie in Europa, «nein», sondern bedeutet Zustimmung. Mit diesem indischen K<>pfnicken kommen europäische Iihdrauen manchmal selbst nach Jahr— Zehnten des Verheiratetseins nicht klar.