Y 334 Werwwandel oder Werteeinbmcb? Daß übrigens auch metakonfuzianische Kulturen zur Verschichtung fähig sind, hat japan bewiesen, das vor allem in den vergangenen jahren «im Bauch» um so japanischer wurde, je mehr Hirn und Hände nach westlichen Mustern zu funktionieren hatten. Folgende Thesen lassen sich nach alledem im Hinblick auf die weitere «Begegnung» zwischen asiatischem und westlichem Wertesystem aufstellen; These Nr. !: Nicht Verschmelzung und Absorption, sondern Verschich— tung ist (zumindest mittelfristig) ein geeigneter Weg, um westliche Elemente zu rezipieren, ohne die eigene Persönlichkeit zu verlieren. These Nr.z: Nicht das Entweder—Oder, sondern das Sowohl—Als—auch dürfte zur panasiatischen Handlungsmaxime werden. Umgekehrt gibt es auch für die wissenschaftliche Interpretation Asiens nicht einen einzigen Ansatz (z. B. eine «duale» oder «plurale» Erklärung), sondern eine Vielheit von Ansätzen, die allein als solche der nun einmal vorhandenen Vielschich- tigkeit Rechnung tragen können. Puristen sind in Asien fehl am Platz. These Nr. 3: Während Europa ein Nacheinander der Entwicklungen er« lebt hat, wobei das Neue im allgemeinen das Alte aufgehoben hat, findet in Asien ein Nebeneinander der Entwicklungen statt: nicht sukzessive Ablö- sung also, sondern simultanes Beibehalten. Kein Wunder, daß die oben bt:— schriebene klassisch westliche Zuwachsstrategie, die von der Ablösung des Alten durch das Neue ausgeht, bereits im Ansatz verfehlt war. Erst recht mußten die maoistischen oder Pol Potschen Versuche einer totalen Liquidie— rung der Traditionen scheitern. «Entwicklungs»-adäquat ist also nicht der «Neubau», sondern der «An— bau». Es muß der Entwicklung durchaus nicht schaden, wenn z. B. China auf der einen Seite mit Vorrang Hochleistungsgebiete errichtet (z.B. das Yangzi-Delta, die 14 Küstenstädte oder die Wirtschaftssonderzonen) und wenn es andererseits bewußt die Landwirtschaft auf verschiedenem » auch dem niedrigsten! — Entwicklungsniveau fördert. Man darf auch getrost mit einem fließend englisch sprechenden Thai rechnen, der trotz aller berufsbe— dingten «Modernität» jeden Tag noch den Geistern opfert, liebevoll dem buddhistischen Tempelkult nachgeht und astrologiegläubig ist. Ein Auslän— der mag mit ihm zwar durchaus zurechtkommcn, wenn er ihn als «Westler» behandelt; noch besser freilich kann er sich mit ihm arrangieren, wenn er ihn in seiner «geschichteten» Persönlichkeit erkennt und akzeptiert. These Nr. 4: Bei der «Verschichtung» handelt es sich nicht etwa um eine Involution, sondern um eine Evolution asiatischer Machart. Während Inve— lution zunehmende Komplizierung, Fortschrittslosigkeit und Stillstand nach sich zieht, bringt die Verschichtung durchaus innovative Elemente mit ins Spiel, insofern nämlich das «zo.jahrhundert» auf die Flöze der vergangenen Jahrhunderte aufgesetzt wird. Die darin zutage tretende logische Unverein— barkeit ist ein westliches, nicht jedoch ein asiatisches Verständnisproblem. Anhang