Lie autogenen Skelette werden von den Heliozoen selbst ausgeschieden und bestehen aus kugeligen, plättchenförmigen oder stachelförmigen Kieselelementen. Bei den heterogenen Skeletten werden körperfremde Bauelemente verwendet. Vor allem Sandkörner oder Diatomeenschalen werden auf der Oberfläche der gallertigen Haut eingelagert. Die verschiedenen Baustofle bedingen bei den Heliozoen eine ähnliche Formenfülle wie bei den Thekamöben. Wir finden alle Übergänge von nackten Plasmaleibern über einfache Hüllen bis zu komplizierten Skelettbildungen; im extremen Fall (bei Clathrulina) kommen sogar kieselige Gitterschalen vor, wie sie von den Radiolarien (Strahlentierchen) allgemein bekannt sind. Typisch für manche Heliozoen sind die kieseligen, in ihrer Form und Ausbildung variierenden Stacheln oder Nadeln, die radial zwischen den Pseudopodien stehen und das charakteristische Aussehen noch verstärken. Die meisten zu den Heliozoen gehörenden Gattungen sind frei bewegliche Formen, die z. T. im Wasser schweben; aber es gibt auch einige gestielte Arten, die sich auf dem Substrat festsetzen. Diese stielartigen Bildungen scheinen umgewandelte Axo- podien zu sein. Physiologie Fortbewegung Die Wurzelfüßer bewegen sich vor allem mit Hilfe der Pseudopodien (Scheinfüß- chen). Je nach deren Ausbildung und der Art der Umhüllung des Plasmas kommen gewisse Abweichungen von der typisch fließenden „amöboiden“ Bewegung vor, die um besten an nackten Amöben studiert werden. Dabei kann entweder der ganze Körper in einer Richtung vorwärts fließen, wobei die eine Körperseite in ihrer ganzen Ausdehnung als Pseudopodium aufzufassen ist, oder aber es wird ein Hauptpseudo- podium gebildet, das sich immer mehr verlängert, bis die ganze Körpermasse darin aufgenommen ist. In anderen Fällen wiederum sind mehrere fingerförmige Pseudo- podien an der Fortbewegung beteiligt (Abb. 2). Bei Nacktamöben mit stärker ent- wickelter Haut (Pellicula) tritt an die Stelle der fließenden Bewegung eine mehr Abb. 3: Kriechende Bewegung einer Limax-Amöbe Abb. 2: Fortbewegung einer Amöbe mit fingerförmigen Pseudopodien (aus Kühn) Abb. 4: Schreitende Fortbewegung (aus Grell) 14 rollende Fortbewegungsart, die um so häufiger auftritt, je zäher das Ektoplasma ist (Abb. 3). Um ein Haften am Substrat zu ermöglichen, wird von den Pseudopodien ein klebriger Stofi ausgeschieden. Wenn auch in vielen Fällen der ganze Plasmaleib der Unterlage aufliegt, kennen wir Arten, bei denen nur die Pseudopodien eine feste Berührung haben, während der eigentliche Körper emporgewölbt ist. Dadurch entsteht eine schreitende Bewe- gung, wobei die Pseudopodien abwechselnd festgeheftei sind und verkürzt oder ver- längert werden (Abb. 4). Bei mancıen Thekamöben dienen zwei Gruppen von Pseudopodien dieser schrei- tenden Bewegung. Bei Lesquereusia sind es nur zwei einzelne Pseudopodien, die ab- wechselnd verlängert und verkürzt werden, so daß eine spannerartige Fortbewegung stattfindet (Abb. 5). Alle diese Bewegungsarten gelten aber nur für die Gruppen, die Lobopodien besitzen. Die mit Filopodien ausgestatteten Thekamöben müssen sich zwangsläufig auf andere Weise be- N IB —__ wegen; sic heften die Enden der ausgebreiteten Pseudopodien am Substrat an und verkürzen an- schließend ihre Filopodien; so werden der übrige = Körper und die umhüllende Schale nachgezogen. 2 Manche Arten dieser Gruppe können auch schwim- men, ähnlich wie es viele Flagellaten tun, nur mit dem Unterschied, daß hier an die Stelle der Abb. 5: Spannerartige Bewegung Geißel ein filoses Pseudopodium tritt, das in ähn- Ainer Difflügie licher Art für die Fortbewegung sorgt. Die ungestielten Heliozoen sind ebenfalls freibeweglich und können mit Hilfe der flexiblen Axopodien kriechen oder auch schwimmen. Eine typische Fortbewegungsart ist bei ihnen eine drehende oder rollende Bewegung, wobei die nur auf einigen Axopodien ruhenden Tiere sich in der Art eines Balles auf dem Untergrund rollen. Über die Bewegungsgeschwindigkeit der einzelnen Arten liegen nur wenige Unter- suchungen vor, die aber eine Übersicht über die Größenordnung zulassen. So wurde bei Amoeba verrucosa eine Wanderungsgeschwindigkeit von 0,5 wu/sec., bei Amoeba striata von 1 u/sec. und bei Amoeba gemminata 1,5—3 ju’sec. festgestellt. Auch bei den Thekamöben halten sich die Werte in ähnlichen Grenzen und liegen bei etwa 1-1,5 w/sec. Selbstverständlich handelt es sich hierbei um Durchschnittswerte, die von einzelnen Tieren weit überschritten werden können. Außerdem ist zu berück- sichtigen, daß die Geschwindigkeit weitgchend von der Temperatur abhängt. Ent- sprechende Versuche haben gezeigt, daß die Geschwindigkeit bei niedrigen Tempera- turen sehr gering ist, bei etwa 15-25 Grad ein Optimum erreicht und bei höheren Temperaturen wieder absinkt; bei 33 Grad hört die Fortbewegung auf. Eine Aus- nahme machen aber einige parasitische Formen, die an die Körpertemperatur der warmblütigen Wirte angepaßt sind und dementsprechend erst bei etwa 37 Grad ihr Optimum erreichen. Bei den Heliozoen dürften die oben angegebenen Werte etwas höher liegen. So hat Penard bei seinen Untersuchungen eine Wanderungsgeschwindigkeit von etwa 4—5 wsec. ermittelt, Wie schon einleitend erwähnt wurde, kommen bei einzelnen Arten Stadien vor, die — ähnlich wie Flagellaten — mit Geißeln verschen sind. Als Beispiel dafür sei die Gattung Naegleria genannt, die normalerweise eine typisch amöboide Gestalt aufweist, aber, durch äußere Einflüsse bedingt, eine begeißelte Schwimmform ent- wickeln kann. Dabei werden die Pseudopodien der Kriechform rückgebildet, und an 15