Mit Rücksicht auf die ziemlich verwickelten und z. T. unklaren Verhältnisse soll in diesem Rahmen auf Einzelheiten verzichtet werden. Erwähnt sei, daß nur bei einer Amöbenart (Sappinia diploidea) mit Sicherheit eine geschlechtliche Fortpflanzung besteht. Bei den meisten Thekamöben sind solche Vorgänge unbekannt Sowohl die als Plasmogamie bezeichnete Verschmelzung zweier Individuen als auch die an eine Conjugation erinnernden Vorgänge, wobei sich zwei Schalen mit den Mundöffnungen gegenüberstehen und eine Vereinigung der Plasmamasse staufindet, können nicht als geschlechtliche Vorgänge angesehen werden. Lediglich bei den zu den Heliozoen gehörenden Arten Actinophyrs sol und Actino- sphaerium eichhorni ist eine geschlechtliche Fortpflanzung genauer bekannt, die als Pädogamie bezeichnet wird. Bei der einkernigen Actinophrys sol teilt sich der Zell- körper in zwei Tochtertiere, in denen anschließend zwei Reifeteilungen stattfinden, die zu einer Reduzierung des Umfanges führen. Darauf verschmelzen die beiden Schwesterzellen und ihre Kerne. Bei Actinosphaerium eichhorni ist die geschlechtliche Fortpflanzung komplizierter, weil diese Art vielkernig ist. Ein großer Teil der Kerne wird aufgelöst; dann zerfällt das Plasma im einkernige Stücke, die mit einer Hülle umgeben werden (Primäreysten). Nach der Kernteilung entstehen aus jeder solchen Primärcyste zwei Sekundärcysten, die durch Reifeteilungen zu zwei Gameten (Keim- zellen) werden. Nach deren Verschmelzung entsteht durch mehrfache Kernteilungen wieder ein mehrkerniges junges Individuum. Eneystierung Sehr viele Protozoenarten bilden Cysten aus. Der Organismus scheidet Hüll- substanzen ab, die das Körperplasma weitgehend von der Umwelt isolieren können. Vorher wird das Plasma durch verstärkte Tätigkeit der pulsierenden Vakuolen wasser- ärmer und zähflüssiger, das Volumen geringer. Die Ausscheidung einer oder mehrerer Hüllen führt zur Ausbildung der Cyste, die verschieden gebaut sein kann. Euglypha 2. B. lagert der Außenseite ihrer Cyste auch die zur Schalenbildung benutzten Kiesel- plättchen auf. Viele beschalte Amöben bilden gleichzeitig einen Pfropfen zum Ab- schluß des Pseudostoms (Abb. 108). Ausnahmsweise kann bei den Thekamöben auch eine Cystenbildung außerhalb der Schale stattfinden, z.B. bei Sphenoderia (Abb. 10b). Die Entstehung von Cysten kann unterschiedliche Gründe haben. Weit verbreitet sind solche Encystierungen als Ruhestadium, um ungünstige Perioden zu überstehen. Nach Eintreten günstigerer Bedingungen kann sich diese Schutzcyste wieder auflösen. Dafür spricht auch die Tatsache, daß bei Rhizopoden aus trockeneren Le- bensräumen Encystierung häufiger zu finden als bei den rein aquatischen Arten, die einer Austrocknung nicht zu widerstehen brauchen. Andererseits findet eine Cystenbildung sehr oft im Anschluß an eine Plasmo- gamie statt, wobei sich nach der Verschmelzung der Plasmakörper abkapselt. Audı nach der Aufnahme von sehr viel Nahrung kann vor allem bei den Heliozoen für kurze Zeit eine Cyste ausgebildet werden. Abb. 10: Beispiele von Cysten- bildung: Links normale Cyste bei Nebela dentistoma, rechts Cystenbildung außerhalb der Schalo (Sphenoderia lents) (aus Deflandre) 20 Symbiose Das Zusammenleben von zwei verschiedenen, besonders aneinander angepaßten Lebe- wesen nennen wir Symbiose; sie ist im Tier- und Pflanzenreich weit verbreitet. Auch bei den Rhizopoden kommen Symbiosen’vor, wenn auch nur bei wenigen Arten. Als Symbionten der Wurzelfüßer kommen vor allem chlorophyliführende Algen in Frage, die zu den Protococcaceen gehören und als Zoochlorellen bezeichnet werden. Schr seiten findet auch eine Symbiose mit Blaualgen (Cyanophyceen) statt so bei der Thekamöbe Paulinella chromatophora, deren blaugrüne Farbe von den Algen der Gattung Synechococcus stammt. Die Symbiose mit den Zoochlorellen scheint bei den Rhizopoden nicht immer Iebensnotwendig zu sein, denn hei den gleichen Arten können die Algen vorhanden sein oder fehlen. Soldı eine unregelmäßige Symbiose kommt bei Amoeba proteus, Difflugien und Arcellen, Actinosphaerium u.a. = Enger an die Zoochlorellen sind manche Thekamöbenarten gebunden. Sie beherber- gen regelmäßig in ihrem Innern eine größere Menge Symbionten, verdauen auch einen Teil davon und leben vielleicht sogar ganz von ihnen. So sind die Zellen von Hyalosphenia papilio, Heleopera sphagni und Cucurbitella mespiliformis immer mit einer Anzahl von Zoochlorellen angefüllt. Jedoch nehmen diese Arten auch selbstän- dig geformte Nahrung auf und verdauen die symbiontischen Algen nur bei Nah- rangmnangili Ob bei anderen Arten, wie z. B. Amphitrema flavum, deren Zellen regelmäßig dicht mit Zoochlorellen vollgepfropft sind, nur diese verdaut werden und keine ander- weitige Nahrungsaufnahme in Frage kommt, ist bisher noch ungeklärt. Nach früheren In achnmest nahm man an, es seien diese Arten ohne Symbionten nicht lebens- 'ähig. Parasitismus „Parasiten“ nennen wir Pflanzen oder Tiere, die sich auf oder in anderen Lebe- wesen auf deren Kosten ernähren. Dementsprechend müssen wir unterscheiden zwi- schen Parasiten, welche Wurzelfüßer befallen, und parasitischen Arten der Wurzel- füßer, die in anderen Tieren schmarotzen. Über die Parasiten der Rhizopoden ist nur wenig zu sagen. Wie schon im Kapitel „Fortpflanzung“ erwähnt wurde, sind früher verschiedene Erscheinungen als Gameten- bildungen aufgefaßt worden, die in Wirklichkeit auf dem Vorhandensein von Parasiten beruhen dürften. Als Parasiten der Wurzelfüßer kommen vor allem Pilze in Frage, die zu der Gruppe der Chytridineen gehören. Fast alle zu dieser Familie gehörenden Arten leben parasitisch auf Algen und Wassertieren. Sie kommen vor allem bei Thekamöben vor, jedoch liegen so wenig Beobachtungen vor, daß auf Einzelheiten verzichtet werden muß. Wichtig ist nur die Tatsache, daß es solche Parasiten gibt; denn bei der Untersuchung von Rhizopoden können wir immer wieder auf Tiere mit solchen Pilzen stoßen. In weit größerem Maße leben Rhizopoden parasitisch in anderen Tieren; unter den Thekamöben und den Heliozoen gibt es allerdings keine parasitischen Formen. Da- gegen kennen wir von den Nacktamöben schr viele schmarotzende Arten. Die Schädi- gung des Wirtes, die ein Parasit verursacht, ist naturgemäß sehr verschieden. Weitaus in der Mehrzahl der Fälle ist die Einbuße, die der Wirt durch schmarotzende Amöben erleidet, so gering, daß von ernsthaften Schädigungen keine Rede sein kann. Nur 21